Die erfasste Gesellschaft und NSA

Beim Überlegen, was ich aus meinem Bücherschrank aussortieren könnte, um Platz zu schaffen, ist mir das Kursbuch 66 aus dem Jahre 1981 in die Hände gefallen. Titel „Die erfaßte Gesellschaft“. Da wird mit einer Verve und auf hohem Niveau zu den Problemen der Verknüpfung unterschiedlicher Datenbanken diskutiert, obwohl damals technologisch und von der Menge her gesehen, die verfügbaren Daten ein Rinnsal gegenüber dem heutigen Strom darstellen. Aber vielleicht gerade weil es wenige Datenbanken waren, z.B. die Gesundheitsdaten im Betrieb mit den Leistungsdaten, oder den Wohndaten zu verknüpfen (Personalinformationssysteme), um dem Personalchef mehr Macht zu geben, war die Sache noch greifbarer, kritisierbarer. Mancher mag sich an das damals berühmete Beispiel erinnern, dass ein Betriebszweig geschlossen werden sollte, man aber Kündigungen vermeiden wollte. Da gab die Wohnortsstatistik her, dass viele Beschäftige aus dem Umland von einer Buslinie abhängig waren. Die wurde eingestellt.

Durchaus heute noch lesenswert, auch wenn 32 Jahre vergangen sind. Eine Kostprobe vom Oberterroristenbekämpfer und damaliger Präsident des Bundeskriminalamtes Horst Herold, der auch die „Rasterfahndung“ konzipiert hat:

Die moderne Informationstechnologie (lädt) geradezu ein, die örtlich und sachlich gezogenen Grenzen ihrer Anwendung aufzuheben, die Enge und Isoliertheit von Ressorts aufzulösen, innerstaatliche und nationale Grenzen zu überwinden und Wissen in immer Größer werdenden Speichern zu sammeln. Die Grenzenlosigkeit der Informationsverarbeitung würde es gestatten, das Individuum auf seinem ganzen Lebensweg zu begleiten, von ihm laufend Momentaufnahmen, Ganzbilder und Profile seiner Persönlichkeit zu liefern, es in allen Lebensbereichen, Lebensformen, Lebensäußerungen zu registrieren, zu beobachten und die so gewonnenen Daten ohne die Gnade des Vergessens ständig präsent zu haben.„*)

Heute nach 30 Jahren ist das keine Zukunftsvision mehr, sonder die „erfasste Gesellschaft“ ist NSA-Realität. Schlauer Kopf, alle Achtung!

(*)zitiert aus Kursbuch 66, S.27/28, Quelle: Horst Herold: Polizeiliche Datenverarbeitung und Menschenrechte, in: Recht und Politik, 1980, S.81)

 
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