Man könnte „nachhaltig“ zum Unwort erklären, weil es in vieler mißbräuchlicher Munde ist, bzw. von Vielen gebraucht wird, ohne dass sie ein annäherndes Verständnis davon haben. Und selbst die, die sich mit dem Thema beschäftigt haben, haben je sehr unterschiedliche Auffassungen von dem Gesamtkonzept: Nachhaltige Entwicklung (sustainable development).
Fälschlicher Weise beginnen etliche Texte im Bildungsbereich (auch in Wikipedia) mit dem deutschen Begriff der forstwirtschaftlichen Nachhaltigkeit (Hans Carl von Carlowitz, 1713), nach dem ein Wald so bewirtschaftet werden soll, dass man immer nur so viel Holz entnimmt, wie nachwachsen kann. Nachhaltigkeit wäre danach eine Ressourcennutzungsfrage, die man ökologisch, naturwissenschaftlich klar beantworten kann.
Der Bezugspunkt „nachhaltige Entwicklung“, bzw. original „sustainable development (SD)“, auf den sich die moderne Bedeutung des Begriffs bezieht, ist aber nicht die deutsche Forstwirtschaft, sondern das Ergebnis eines UN Kommissionsberichtes (Our Common Future) von 1987, der sogenannte Brundtlandbericht (nach der vorsitzenden norwegischen Premierministerin benannt), in dem als mühsamer, im Prinzip sehr unkonkreter Kompromiss die Formel SD geprägt wurde. Es heißt da: „Sustainable development meets the needs of the present without compromising the ability of future generations to meet their own needs.“ Wer Zeitzeugen dieser Kommission nicht kennt, und den Bericht nicht gelesen hat, mag da an unsere Waldnutzung denken, de fakto wollten aber die Länder der Einen Welt massives development, um sich damit aus ihrer Armut befreien zu können, während die westlichen Vertreter kräftig auf die Bremste treten wollten, denn wenn auch noch in Afrika und Asien die rauchenden Schlote exponentiell anwachsen, dann wird es mit dem Öl bald sehr knapp und die CO2-Emmissionen kollabieren. SD – und das wird in den meisten Abhandlungen darüber verschwiegen – ist von seiner Entstehung her bereits eine Kompromissformel, die eigentlich Unversöhnliches zu vereinen sucht. Immerhin, es wurde erstmals international von Begrenzung gesprochen, wobei es ganz klar eine Frage des politischen Kampfes der weniger entzwickelten Länder gegen die hoch entwickelten Länder bleiben würde, unter welchen Bedingungen, die einen noch wachsen, und die anderen noch Federn lassen dürfen. Wie schwierig dieser Konflikt auszutragen ist, zeigen die Weltkonferenzen von Kyoto bis Durban, bei denen es kaum gelingen wollte, international abgestimmte Ressourcenbegrenzungen auszutarieren.
Den Auftakt dieser Weltkonferenzen machte 1992 die Weltentwicklungskonferenz in Rio (United Nations Conference on Environment and Development, UNCED). Sie ist eine unmittelbare Folge des Brundlandtberichtes, als Novum tagten hier nicht nur Regierungsvertreter sondern auch NGO (Nichtregierungsorganisationen) aus aller Welt. Auf dieser Konferenz sollte die Marschroute für eine nachaltige Weltentwicklung gelegt werden. Die Formel vom SD war allgemein akzeptiert, gerungen wurde in den großen Konferenzreports darum, wie man zu SD kommt. Die starke Beteiligung der meist staatskritisch und „links“ eingestellten NGOs sorgte dafür, dass hier nicht ein völlig unbrauchbares Papier bedruckt wurde. Neu war z.B. in der „Agenda 21“, dass hier in 40 Kapiteln auf über 200 Seiten die sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Herausforderungen zusammen diskutiert wurden. Im Umsetzungsabschnitt merkt man besonders die Mitarbeit der NGOs, hier werden „lokale Agenden“ gefordert, die ein Bündnis der lokalen Akteure (Wirtschaft, Politik, Bildung, Kultur,..) bilden sollen, und Leitbilder für ein sustainable development der Region entwickeln und umsetzen sollten. Das war basisdemokratisch kühn gedacht, die Nachhaltigkeit im lokalen Diskurs zu erringen, es funktionierte aber leider weder in den entwickelten Demokratien noch (und schon gar nicht) in den mehrheitlich vertretenen Diktaturen dieser Welt.
In Rio wurden also (und konnten auch gar nicht anders) keine Wachstumsbegrenzungsziele (Ressourcenemmissionsgrenzen) verbindlich formuliert, sondern man einigte sich verbindlich auf Visionen. Und wenn man schon nicht politisch handeln konnte, so hat man als Hauptvision die Bildung zum Vehikel erklärt, mit der künftig eine nachhaltige Entwicklung in allen Ländern betrieben werden sollte. Dazu mehr im Artikel „Von Rio zur BNE in Deutschland“
Das sieht doch schon sehr gut aus, denke du kannst nun mit der ernsthaften Blogarbeit beginnen!