Skyfall und die Cyberwelt

Nach dem James Bond sagt mein Freund zu mir, und jetzt schreibst Du in Deinem Blog darüber? Und ich denke, James Bond ist doch kein Thema für meinen Blog!

Aber eigentlich ist es doch gar nicht so abwegig, aus der Internetperspektive auf diesen Film zu blicken. Wie die lobenden Kritiker des Filmes erzählen, sollte mit den alten Klischees gebrochen werden, er mußte modern sein, und vielleicht politisch korrekter. Und so kann der Gegner schon länger nicht mehr die böse Sowjetunion sein, aber es sind auch keine al Quaida Extremisten, und auch keine bösen Finanzjongleure. Der Gegner ist unsichtbar, es dräut im Hintergrund der Cyberwar, und lange nicht wurden in James Bonds so viel Bildschirme bemüht, um das schlimme Wirken eines Schurken zu visualisieren. Und hier liegt genau die Herausforderung moderner Regisseure, wie flimmert man dem Zusacher vor, dass gerade Datenpakete über den Globus gejagt werden, um ihre eigenen Spuren zugleich zu verwischen? High Tech ist kein Tabubruch für James Bond, und keine Innovation dieses Filmes. Früher mussten aufwändig visualisiert die Codeworte zur Eliminierung anfliegender Atomraketen geknackt werden. Das waren dann meist schlaue Köfferchen (dicke Superlaptops) auf die neurvöse Nerds mit ihren Fingern herunter flitzenden Zahlenreihen zum Stoppen bringen wollten. Hier soll in einer herunter gekommenen pompösen Halle mit Ionischen Säulen ein drahddurchwirrtes Gestellarrangement, das mehr einem Erstlingswerks eines Frankfurter Städelschülers, als den Serverschränken von Amazon ähnelt, dafür herhalten, dass hier ganz viel Netzpower verschaltet ist, mit der sich in alle Netze gelangen läßt. Auf wenigen Tischen stehen laptopähnliche Computer, die ein bisschen an die PC-Ausstattung der Alienfilme erinnern. Das bleibt im Hintergrund, obwohl der Täter es ziemlich dick mit dem Cyberwar treibt, bekommt der Zuschauer hier nur eine ironische Schwulenszene ohne Internet vorgeführt. Am Höhepunkt der Gängsterhatz, wo der bereits Gefasste sich mittels Internetpower auf wundersame Weise selbst befreit, wird dann eine Bildschirmarena aufgefahren, die ein  klein bisschen Mondlanderomantik andeutet. Der Bond-Getreue, diesesmal ein Computernerd, trägt auch die obligate schwarze Hornbrille, und muss sich den Computerkünsten des Rivalen geschlagen geben. Wild tanzende und kreisende Grafiken oszillieren über die Bildschirme, die Enthüllung gelingt natürlich mit Bonds Hilfe, weil gegen Cyber der gesunde Menschenverstand im Film dann doch bitte die Oberhand behalten will. Aber, und das ist eine Machart des Films, es ist nicht alles von Erfolg gekrönt, der böse Hacker ist im System.

Man sollte von einem spannenden James Bond (und anderen Aktionfilmen) nicht verlangen, dass sie auch nur ansatzweise real sind. Gerade die Aktionszenen sind generell nicht realitätshaltig. Die Jamesbondspielzeuge, wie z.B. früher die Armbanduhr, mit einem kleinen eingebauten Schweißbrenner oder Laserstrahl, die Stahlröhren durchschneidet, will so nicht ernst genommen sein. Die vielen Handgranten und Explosionen, die Bond in diesem Film überlebt, degradieren diese furchtbaren Waffen zum Feuerwerksplunder – wer sich darüber aufregt, sollte nicht in diese Filme gehen. So will ich auch nicht direkt mosern, dass die Hackerei, die die Logik des Filmes braucht, absolut unrealistisch ist. Aber dennoch, bei den Schusswaffen wissen wir alle, sie sind tödlich. Und vom Western begonnen, sind sie im Film nur Choreografie der Spannung. Man will keine ernsthaften Toten, es wird geballert, dass es kracht, und das Gefühl entstehen kann, der Gute trifft besser.

Beim Cyberwarthriller wissen die meisten sehr wenig vom Hacken, von dessen Mechanismen, Zielen und Wirkungen. Die Muster der Filme produzieren dann die Bilder, die wir für den Cyberwar halten. Hier und eigentlich auch bei Matrix wird die Destopie entwickelt, dass der Gegner in den innersten Cirkel der Macht, in die Intimflanke seiner Sicherheitsabwehr eindringen kann. Und im Grunde sind wir dagegen schutzlos. Helfen tut nur, wenn man sich auf „untechnologisches“ Gebiet begibt. Da wo keine Netze sind, in der Einöde, wo auch keine modernen Feuerwaffen mehr sind, sondern alte Jagdgewehre, Dynamit und ein  Messer, nur dort ist der Zweikampf gewinnbar. D.h. die moderne Zutat des Filmes, die ihn auf die Höhe der Zeit heben will, fährt ihn am Ende in den Konservatismus des Mann gegen Mann, und hier in der aufgeklärteren Form auch der Frau gegen Mann zurück.

Damit nimmt der Regisseur leider der Entpersönlichung technologischer Kriegsführung die Spitze. In „Kill decision“ schreibt ein Autor, der mehr vom Internet versteht, wohin die Reise gehen könnte, wenn nicht mehr Menschen handeln, sondern in logischer Folge Computerprogramme die Entscheidungen übernehmen. Es ist auch nicht ein Programmierer, (wie hier bei James Bond), der das entscheidende Programm geschrieben hat, sondern es sind Stäbe von Programmierern, die eine Unzahl von Werkzeugen entwickeln, von denen niemand mehr den Überblick hat. Und zu dem ersten berühmten Cyberwarbeispiel, dem Virusprogramm Stuxnet, das sehr wahrscheinlich kriegerische Atomanlagen im Iran außer Gefecht setzte, sagen die Auguren, dass hier eine Armada von ganz „anloger“ Geheimdienstarbeit vorausgegangen ist, ohne die kein Programmierer der Welt auch nur einen Funken Chance gehabt hätte, in diese Systeme Störfunktionen hineinzutragen.

Aber wer Bondfilme mag, und einen unterhaltsamen Ballerabend sucht, sollte sich von diesen Beobachtungen nicht abschrecken lassen. Das Thema Internet ist nur ein ideologisches Grundrauschen der Handlungserklärung, das der Regisseur wohl sebst nicht besonders ernst nimmt.

 
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