B3 Biennale des Bewegten Bildes – Expanded Senses

Bernd Kracke, HfG, Offenbach

Bernd Kracke, HfG, Offenbach

Im Kulturranking der Städte werden Duftmarken gebraucht. Frankfurt versucht es unter der Ägide von Bernd Kracke, Chef der HfG, Offenbach, zum zweiten mal mit der B3 2015. Viele Kunstinstitutionen hat er im Boot und die Kulturpolitik von Stadt und Land spielt finanziell mit. Zentraler Ort ist das MAK, das sein gesamtes Gebäude für 5 Tage (7.-11.10.2015) zur Verfügung gestellt hat, ergänzt von der benachbarten Villa Metzler und dem nahen Museum für Filmkunst und vielen weiteren dezentralen Anbietern bis nach Wiesbaden. Mit der Berlinale gibt es ein e Kooperation mit dem „Forum Expanded“ unter dem Titel „Film und Performance als dokumentarische Prtaxis“, etc. Indikator für die Vielfalt ist das überwältigende Programm auf der Homepage der B3, das dem Titel entsprechend mit einer Bilderflut und bisweilen wenig aussagenden Texten den Informationssuchenden erschlägt. Nach hilflosem durchzappen habe ich beim ersten Ansatz die Seiten schnell wieder zugeklappt.
Das „bewegte Bild“ ist eine ziemlich nichtssagende Metapher, die uns seit dem Daumenkino lange vertraut ist, und zu „erweiterten Sinnen“ können einem Experimente mit Opiaten oder computergesteuerte Prothesen einfallen. Diese extreme Themenbeliebigkeit birgt die Gefahr eines aktuellen Kunstsammelsuriums ohne Konzept, und zugleich birgt sie die Chance, eine Klammer zu bilden zwischen Film, Videokunst, Computerspiele, um ausgewählten Künstlern, Designern, Filmemachern und Gamesentwicklern eine Plattform zu bieten, wo sie in Austausch treten können, um über den state of the art zu reflektieren. Niemand erwartet endgültige Ergebnisse (Helmut Müller), aber es werden Wegweiser für junge Kreative erhofft (Joachim Becker), und die Region will mit über 15 Museen thematisch am Zeitdiskurs beteiligt sein.

Brian Eno

Brian Eno

Ich kann nicht beurteilen, ob hier die relevanten „Bild“-Akteure eingeladen wurden, mit Brian Eno ist den Veranstaltern jedenfalls ein guter Griff gelungen. Unsereins denkt dabei nur an Roxy Music, aber wer in Wikipedia nachschlägt bekommt ein imposantes Bild einer zentralen Kunstfiugur unseres Jahrhunderts gezeichnet. Überdies fand ich seine Eröffnungsworte am Freitag Abend überaus sympathisch. Der grelle Pop, Mal, Musik und Videokünstler rief zum Innehalten auf. Eine so quirlige Stadt wie Frankfurt kennt keine Ruhe mehr, die Handys (auch sein eigenes während seiner Rede) klingeln ständig. Wir sollten mal für wenige Minuten abschalten, uns auf Ruhe einlassen. Genau das fordert seine Videoinstallation heraus. Expressionistische Videobilder, die sich ganz langsam verfärben, die Form erhaltend, aber die Tönung ändernd. Wer da nur vorbeieilt und abhackt, merkt das gar nicht. Diese Objekte waren vor Jahren in Frankfurt noch mit großen Bildschirmen ausgestellt und wurden glücklicherweise aufbewahrt, so dass sie mit neuer Technik vom Künstler reanimiert werden konnten.

Between Art and Cinema

Between Art and Cinema

Die Vorträge und Workshops im Parterre der Villa Metzler boten eine Fülle interessanter Themen, wo man die Chance hatte, Filmemacher, Gamesentwickler, interaktive Videokünstler, TV-Analytiker, etc. zu hören und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Hier konnte man den Künstlern begegnen, deren Werke im MAK ausgestellt waren, eine sehr gute Idee. Mein Problem war dabei, dass meine Englischkenntnisse für differenziertes Sprechen und Verstehen grenzwertig sind.
Ich habe mich bei meinen Workshopbesuchen vom Titel leiten lassen (der Programmfolder ist übersichtlicher als die Internetdarstellung), ohne enttäuscht zu werden. Z.B. „Between Art and Cinema“ (7.10.) hoch spannend, was die Künstler zu ihren Grenzgängen zwischen Malerei, Autorenkino, Videokunst und Musik aus ihrer Biografie erzählt haben (Igor Simic). Wie die Produzenten die Entwicklung einschätzen (Stephan Hall). Die Moderatorin habe ich leider kaum verstanden. Es war eine geballte Chance, dicht an gute Leute zu kommen, die leider etwas wenig genutzt wurde. Vormittagsworkshops hatten um die 10 Besucher, wovon einer zur Dokumentation abgestellt, und die Hälfte aus anderen internationalen Ausstellungsbeteiligten bestand. Wo waren die Studenten der AfG, wo war das kunstinteressierte Frankfurter Publikum? Im Filmmuseum sah ich den sehr interessanten Film „Out On The Street“ über Rollenspiel spielende streikende Arbeiter in Kairo mit nur 3 Besuchern! Bei Sam Klemke’s autobiografischen Film „Time Machine“ waren wir ein Dutzend Leutchen!

Prof.Günther Sense of Doubt

Prof.Günther Sense of Doubt

Begleitend zur B3 steht neben der Villa Metzler ein Ensemble von Containern an einem Holzblankenweg. Hier wir „Sense of Doubt. Wider das Vergessen. Ein wissenschaftlich-künstlerisches Projekt des Exzellenzcluster „Die Herausbildfung normativer Ordnungen“ der Uni Frankfurt gezeigt. In jedem Container laufen ein bis drei Videofilme, die künstlerische Ausdrücke gegen repressive Systeme darstellen. Jeder Container hat zwei Professoren des Exzellenzclusters zum Paten. An jedem Abend gibt es in der B3 (MAK) einen professoralen Vortrag zu diesen Arbeiten. Hochkarätig, sehr spannende Arbeiten, und es gibt keinerlei Gedränge vor den Containern! Der Vortrag, den ich gehört habe, war allerdings sehr gut besucht.

Brian Eno

Brian Eno

Was sind die Gründe der etwas geringen Nachfrage? Studierende der HfG sagten mir, es gäbe unter den Studies Verärgerung, dass Honorarmittel in die B3 abgeflossen seien. Diesen Ärger vermag ich nicht zu teilen, ein international besetzter Kunstkongress wie die B3 ist allemal ein hervorragender Lernort, der den meisten Vorlesungen an Lernwert überlegen ist. Warum fehlt es an Frankfurter Kunstinteressierten? Vielleicht war die Internetpräsentation zu unübersichtlich. Vielleicht ist Frankfurt zu klein, um ein so breitspektriges Programm zu füllen? Vielleicht ist die B3 noch nicht genügend in den Kulturköpfen verankert? An Marketingbegleitmusik in der lokalen Presse hat es eigentlich nicht gemangelt. Vielleicht sind die Frankfurter mehr an Geld und Automobilmesse als an Kunst interessiert? Vielleicht ist es der Überdruss am bewegten Bild, wer mag die vielen Videoscreens in allen modernen Ausstellungen noch sehen?
Ich meine aber, es lohnt sich, dahin zu gehen! Bis zum Sonntag läuft das noch.

 
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