E-Learning Erfolgsbericht

Erfahrungsberichte sind pädagogische Fälle, die Einsicht in die aktuelle Praxis vermitteln, Problemstände aufzeigen können, in aller Regel aber nicht verallgemeinerbar sind. Genau vor einem Jahr habe ich zum selben Seminar, das ich dieses Jahr wieder durchführe, auf diesem Blog einen Bericht mit dem Titel Lehrfrust verfasst. Mit leicht kulturpessimistischem Einschlag leistete ich Studentenschelte nach dem Motto, die meisten machen nur ein Scheinerwerbsstudium und sind an den Inhalten nicht interessiert.

Jetzt muss ich zurückrudern. In diesem Wintersemester läuft das gleiche Onlineseminar doch recht zufriedenstellend. Das Phänomen, dass mit unterschiedlicher Zusammensetzung und nur leicht veränderten Methoden sehr unterschiedliche Resultate herauskommen können, ist ja nicht neu. Zum Setting:

Es handelt sich um einen Baustein im Masterfach Erwachsenenbildung/Weiterbildung (2 Wochenstunden) mit dem Titel „Formen und Bewertungsverfahren selbstgesteuerten Lernens“. Man kann 2 Creditpoints erwerben, was im Präsenzfall aktive Anwesenheit und Verfassen eines Sitzungsprotokolles erfordert. Das Onlineseminar ist in 9 Themenblöcke gegliedert. Zu jedem Block wird Material vorgegeben und eine Reflexionsaufgabe dazu formuliert, die in Einzel- oder Gruppenarbeit erstellt und am Blockende (ein- oder zweiwöchentlich) auf die Lernplattform (Moodle) geladen werden muss. Sehr zeitnah erfolgt vom Seminarleiter ein kurzes inhaltliches Feedback auf jeden Beitrag, und zu jedem Block wird ein Video (ca. 3-5 min) verfasst, das den Studierenden eine summarische Rückmeldung über Erfolge und Defizite und wichtige Merkmale des Inhaltsfeldes aufzeigt. Um einen Schein, bzw. 2 CPs zu erwerben, müssen 6 akzeptable Beiträge verfasst worden sein.

Da die online Studierenden nicht in eine Seminarsitzung gehen müssen, haben Sie schon einmal 2 Stunden eingespart, addiert man dazu etwas Vorbereitungszeit, so ist meine Anforderung nicht höher als im Präsenzfall. Die verlangten Aufgaben sind so geplant, dass sie (minimal) in 3 Stunden erledigt sein können. Die schriftlichen Anfertigungen haben zum Ziel, dass ein Nachweis der Lektüre und des Verständnisses des beigefügten Lehrmaterials erbracht werden soll. Das haben die Studentinnen (es sind alles Frauen) zu Beginn akzeptiert, so dass das Anforderungsniveau von Anfang an klar war (diesbezüglich hatte ich im vorigen Jahr einen Fehler gemacht).

Zu meinem Erstaunen klappt in diesem Semester das Zeitmanagement der Studierenden hervorragend. Etliche liefern bereits zwei Tage nach dem Erscheinen der Aufgabenstellung ihre Lösung. Das erleichtert meine Rückmeldungen, ich kann sukzessive zurückmelden, und muss nicht am Wochenende alle Arbeiten im Block durchgehen. Die schriftliche, individuelle Rückmeldung zu jedem hoch geladenen Beitrag ist wohl ein wesentliches Element der Akzeptanz des Seminars. Die Studierenden fühlen sich ernst genommen und genießen den persönlichen Betreuungsbezug. Meine Hinweise werden auch angenommen, z.B. habe ich zu Beginn angemahnt, dass wir wissenschaftliches Schreiben üben wollen, dass zitiert und eine Literaturliste angefügt werden soll, was inzwischen mehrheitlich der Fall ist. Die Qualität der Beiträge ist bei einigen exzellent, bei den meisten gut.

Das Seminar hat 29 Teilnehmende und pro  Inhalts-Block werden ca. 20 Arbeiten (bei Einzelarbeit) abgeliefert. Bei Gruppenarbeit ist die Zahl der Beteiligten höher, da gibt es wohl etwas das Trittbrettfahrersystem. Ich bin mit der Mitarbeit und den abgelieferten Leistungen, die auf eine erfolgreiche Lektüre der beigestellten wissenschaftlichen Texte schließen lassen, sehr zufrieden, und habe damit überhaupt nichts an der Studierdisziplin auszusetzen – im Gegenteil: intelligente, fleißige, hoch disziplinierte Frauen sind da am Werke.

 

 
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2 Antworten zu E-Learning Erfolgsbericht

  1. Heilmann sagt:

    Der Erfolgsbericht über das E-Learning ist in sich schlüssig und plausibel, kann
    jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass nicht gewährleistet ist, ob jede Studentin ihre Leistungsnachweise tatsächlich selbständig erbracht hat. Soweit mir bekannt
    ist, ist ein Leistungsnachweis nur dann zu erteilen, wenn das nachweislich der Fall
    war. Das ist schon bei der sogen. Gruppenarbeit schwierig, obwohl hier noch der jeweils eigene Anteil gekennzeichnet werden kann, beim E-Learning jedoch ganz und
    gar unmöglich, weil man nicht weiss, wer die Arbeit tatsächlich gemacht hat.
    Herzliche Grüsse
    vom Elfenbeinturm
    m.h.

     
    • HApel sagt:

      danke für den Hinweis. Ich kenne die Rechtslage nicht, aber von der Sache her sehe ich keinen Unterschied zu einer im Präsenzsminar verfassten Hausarbeit. Ich akzeptiere die auch, ohne dass ich daneben gestanden habe, als sie verfasst wurde. Aus diesem Grunde müssen z.B. in Gießen die Studierenden bei einer zu benotenden Hausarbeit den Hinweis mit Unterschrift anbringen, dass sie die selbst verfasst haben.
      Ich glaube auch ganz pragmatisch, dass diese Onlineaufgaben sehr spezifisch auf spezielle Texte ausgerichtet sind, und dabei teilweise noch Lernreflexionen, also Beobachtungen der Lernprozesse erstellt werden sollten, so dass man hier mit „Hausarbeiten.de“ wie bei klassischen Schulfragen keine Resultate findet. Nur für 2 Creditpoints wird man den Aufwand nicht treiben, sich einen (bazahlten?) Schreiberling zu besorgen. Und das Abschreiben von einer Kommilitonin fällt mir auf, wenn es platt gemacht ist. Wer sehr gekonnt ein bereits vorleiegendes Ergebnis umformuliert, muss schon etwas davon verstanden haben, und genau das sollte gezeigt werden.
      Herzlichen GRuß
      Heino

       

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